17. Hessischer Kurtag unter dem Titel „Kurvision“ in Bad Soden
Bad Soden-Salmünster. Es geht um die Zukunft der Kur. Und damit sie eine Zukunft hat, sind die hessischen Heilbäder und Kurorte bereit, sich neu zu erfinden. Davon handelte der 17. Hessische Kurtag, der jüngst unter dem Titel „Kurvision“ in Bad Soden stattfand.Dass die Kurorte unter der Corona-Pandemie gelitten haben, ist kein Geheimnis. Wie sehr die Einschnitte die Kurstädte allerdings finanziell getroffen haben, davon berichteten kürzlich Michael Köhler, Vorsitzender des Hessischen Heilbäderverbandes (HHV), Kurstadt-Bürgermeister Dominik Brasch (parteilos), Kurdirektor Stefan Ziegler, HHV-Geschäftsführerin Almut Boller und Ute Hellberg vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen.Laut Köhler haben die Lockdowns einen Einbruch der hessischen Übernachtungszahlen von 10,25 Millionen im Jahr 2019 auf 6,64 Millionen im Jahr 2020 zur Folge. Der größte Anteil davon fand jeweils in den gewerblichen Betrieben mit mehr als zehn Betten statt, zu denen auch die Vorsorge- und Rehakliniken zählen – von denen es sieben in Bad Soden-Salmünster gibt.
Politik und Gesellschaft sollen in Kurzentren investieren
Köhler und Brasch sprechen von „ganz erheblichen Einnahme-Einbußen“ und „deutlich weniger Umsatz im Ort“ bedingt durch Corona. Hessenweit seien es mehr als 890 Millionen Euro durch Umsatzausfälle. Dies geht aus einer Studie des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts (dwif) hervor, in der bewusst der „Wirtschaftsfaktor Kur & Tourismus“ der Jahre 2019 und 2020 nebeneinander gelistet ist, erklärt Köhler. So „wird deutlich, wie facettenreich die wirtschaftlichen Effekte des Kur- und Bäderwesens sind und warum es so wichtig ist, dass Politik und Gesellschaft in die Kurzentren investieren. Denn die prädikatisierten Orte stehen auch für die Menschen, die in den Heilbädern und Kurorten eine Beschäftigung finden: Ärzte, Pfleger, Mitarbeiter der Tourist-Information oder auch als Gärtnerin der Kuranlagen.“ Die Heilbäder und Kurorte stellten vor der Pandemie Arbeit für rund 38.000 Menschen. 2020 waren es nur noch 23.500 Arbeitsplätze.
Im Kurbetrieb von Bad Soden-Salmünster sind, je nach Jahreszeit, 70 bis 80 Personen beschäftigt. Das war vor der Pandemie so, und das ist es noch heute, erklärt Kurdirektor Ziegler. „Mit der Mannschaft, mit der wir abgeschlossen haben, wollten wir auch wieder öffnen. Das haben wir im Großen und Ganzen geschafft“, so Ziegler weiter. Insgesamt hängen in Bad Soden-Salmünster aber 1.300 bis 1.400 Arbeitsplätze am Bereich Kultur und Tourismus, ergänzt Brasch.
Kur bedeutet Mehrwert für die Bürger der Stadt
Wie der Rathauschef weiter berichtet, habe der Eigenbetrieb Kur schon immer für ein Defizit im städtischen Etat gesorgt. Ganz bewusst. Denn die Kur bedeute einen Mehrwert für die Bürger der Stadt. Allerdings habe sich die Belastung des Etats, die sonst um die jährlich 1,8 Millionen Euro lag, annähernd verdoppelt. Die temporäre Schließung der Spessart-Therme habe täglich etwa 7.500 Euro verschlungen.
„Jetzt geht es darum, Visionen zu schaffen und Ziele zu setzen“, fordert Bürgermeister Dominik Brasch, der trotz der schlechten Zahlen „nicht den Kopf in den Sand stecken“ will. Der Kurtag diene auch dazu, Zukunftsperspektiven auszuarbeiten.
„Heilbäder und Kurorte stehen für Arbeitsplätze und Wertschöpfung, und zwar auch abseits der Ballungsräume“, erklärt auch Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne), der als Redner am Kurtag teilnahm.
Baum pflanzen für jeden Gast – 200 Hainbuchen erhält die Stadt
Für die „Kurvision“ hat sich der HHV eine besondere Aktion einfallen lassen: „Für jeden Gast wird in Bad Soden ein Baum gepflanzt“, berichtet Almut Boller. Insgesamt erhält die Stadt 200 Hainbuchen. Ziegler weiß auch schon, wo sie stehen werden: Der Münsterberg in der Verlängerung der Kinzig ist stark von Windwurf und Borkenkäfer betroffen. Dort werden 180 Hainbuchen gepflanzt. 20 weitere „Kurbäumchen“ erhält der Kurpark. „Wir sind begeistert, etwas Nachhaltiges zu schaffen“, freut sich auch Rathauschef Brasch. (tim)