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Gemeinsam statt einsam

Gemeinsam statt einsam

Um seine Nachbarn kennenzulernen, kann man einfach klingeln oder klopfen. Man kann aber auch ins Netz gehen. Seit einigen Jahren gibt es Online-Portale wie nebenan.de, die Menschen zusammenbringen und sich als durchaus nützlich erweisen können. Foto: nebenan.de/dpa-mag

29.05.2021

Nachbarn in der Corona-Krise unterstützen

Wer selbst schon einmal in Quarantäne musste, war sicher erleichtert, wenn Nachbarn die Einkäufe übernehmen konnten. Im ersten Lockdown gab es zahlreiche solcher Hilfsangebote. „Gerade in der Anfangsphase, der Phase der großen Unsicherheit, gab es ein großes Bedürfnis nach Zusammenhalt“, sagt Psychologe Prof. Roman Trötschel.Nach mehr als einem Jahr Pandemie haben viele Menschen gemerkt: Es geht nicht nur um praktische Erledigungen – manchmal braucht man einfach jemanden zum Reden. Doch wie kann man füreinander da sein, wenn man eigentlich Distanz wahren soll? Ein besonders beliebter Weg ist es, sich online zu vernetzen. Dank Internetplattformen wie nebenan.de geht das auch lokal in der eigenen Nachbarschaft. „Während des ersten Lockdowns hatten wir täglich fünfmal mehr Anmeldungen als normalerweise“, sagt Ina Remmers, Mitgründerin des Portals

Kontakt aufbauen

„Soziale Kontakte sind für uns überlebenswichtig“, sagt Psychologin Eva Asselmann. Wenn wir zu lange isoliert seien, könne sich das nicht nur negativ auf die Stimmung, sondern auch auf die Gesundheit auswirken. Daher empfiehlt sie, aktiv auf Menschen zuzugehen, besonders wenn jemand alleine wohnt. Wer nicht direkt fragen möchte, ob ein Nachbar Hilfe benötigt, kann das Gespräch zunächst mit einem unverfänglichen Anlass beginnen.

„Es ist oft eine Herausforderung, fremde Menschen anzusprechen“, sagt Asselmann. „Man darf nicht erwarten, dass man sofort ins Schwarze trifft.“ Wenn die anderen das Angebot ablehnen, sei das zu respektieren. Doch es lohnt, über den eigenen Schatten zu springen.

Monika Thoma leitet den Ökumenischen Besuchsdienst sowie die Nachbarschaftshilfe der Keppler-Stiftung am Eselsberg in Ulm. Sie und ihr Team begleiten Menschen zu Arztterminen, gehen für sie einkaufen oder mit ihnen spazieren. Die Anfragen seien durch Corona gestiegen.

Hausbesuche macht Thoma nur noch in Härtefällen und dann stets mit Maske und Lüften. „Der Bedarf ist da“, sagt sie. „Aber viele Menschen trauen sich nicht, sich an uns oder an Nachbarn zu wenden.“ Remmers empfiehlt hilfsbereiten und kontaktfreudigen Menschen, ihren Nachbarn symbolisch die Türe zu öffnen, zum Beispiel indem man ein Stück Kuchen vorbeibringt. So könne man Schritt für Schritt aufeinander zugehen.

Kreativität gegen Einsamkeit

„Es gibt immer noch zahlreiche Möglichkeiten, Kontakt aufzunehmen“, sagt Thoma von der Nachbarschaftshilfe. Man könne Grüße in den Briefkasten werfen oder sich telefonisch melden.

Selbst manche Gemeinschaftsaktivitäten seien machbar, sagt Remmers. In einigen Nachbarschaften werde etwa der Frühjahrsputz in Form von einer gemeinsamen Müllsammel-Aktion nach draußen verlegt oder es finden Karaoke-Abende auf dem Balkon statt. Wie viel Interaktion man mit seinen Nachbarn möchte, muss letztlich aber jeder für sich selbst entscheiden.

Freunde treffen

Durch Corona „etwas eingerostet“ im Miteinander

Sich mit Freunden wieder auf ein Bierchen- oder ein Glas Wein treffen: Was früher normal schien, ist heute ein Ereignis. Vielerorts ist das angesichts von Corona-Lockerungen wieder möglich – unter Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen. Nach Monaten der Kontakteinschränkungen stellt sich allerdings die Frage: Kann man soziales Miteinander verlernen? Die Ärztin und Psychotherapeutin Mirriam Prieß würde zwar nicht von Verlernen sprechen. „Aber es ist möglich, etwas eingerostet zu sein“, sagt sie. Die Menschen haben sich über Monate zurückgehalten und sich dabei viel auf sich selbst konzentriert. Sich für einen Gegenüber zu öffnen, interessiert zu sein und sich auf den anderen einzulassen, das sei erstmal gar nicht so selbstverständlich, sagt sie.

Vorsicht statt Vertrauen im Umgang

Dazu kommt: Man hat während der Pandemie gelernt, anderen gegenüber eher vorsichtig zu sein. Stichwort: Abstand halten. „Wir sind in der Corona-Situation zunehmend in eine Haltung gerutscht, wo das Gegenüber immer eine potenzielle Gefährdung darstellte“, so formuliert es Prieß. Da sei sicherlich eine gewisse Vorsicht eingezogen und etwas Vertrauen verloren gegangen. Das muss man erstmal wieder überwinden. Die Expertin erinnert: „Jede Beziehung und jede Begegnung beginnt mit Interesse.“ Deshalb rät sie bei Treffen, zum Beispiel im Biergarten, Interesse für die nunmehr „neue Situation“ und die Gefühle und Gedanken des anderen mitzubringen. 

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